Der Nahost-Konflikt – nach diesem Jahr ist das wohl jedem ein Begriff und man assoziiert es mit den selben Begriffen: Gewalt, Krieg, Tod.
Seit nun mehr als 65 Jahre nach der Staatsgründung Israels ist der israelisch-palästinensische Konflikt immer noch nicht gelöst. Eine Sicht auf dauerhaften Frieden ist nach Jahrzehnten voller Gewalt nicht in Sicht. 2005 war nach mehr als vier Jahren Intifada ein Ende der Gewalt in greifbarer Nähe: Ariel Scharon (damaliger israelischer Ministerpräsident) und Mahmud Abbas (Palästinenserpräsident) hatten am 8. Februar 2005 eine Waffenruhe vereinbart und den Abzug der iraelischen Truppen aus dem nach 38 Jahren besetzten Gazastreifen beschlossen. Doch die in den darauffolgenden 8 Jahren immer wieder auftretende Konflikte haben den Traum vom Frieden zerstört.
2006 Ausbruch des Libanonkrieges und innerpalästinensischen Konfliktes.
2007 Radikalislamische Hamas beherrscht den Gazastreifen, die Fatah das Westjordanland.
2008 Erneuter Krieg zwischen Israelis und Palästinensern im Gazastreifen. Die Hamas beschoss Israel mit Raketen, während Israel mit Militäraktionen antwortete. Nach acht Tagen blutigen Kämpfen beschloss man eine Waffenruhe.
2012 Erneute gewalttätige Auseinandersetzungen. Und auch hier hielt die Waffenruhe nicht lang.
Seit dem 8. Juli 2014 herrscht Dauerkrieg. Nun sprechen nur noch die Waffen. Raketen auf Israel und Luftangriffe auf den Gazastreifen. Und das, obwohl im vergangenen Sommer die Bemühungen um ein Friedensabkommen von US-Außenminister John Kerry erste Erfolge zeigten. Israel brach die Friedensgespräche in diesem Frühjahr aber ab, als Reaktion auf die Einigung zwischen der Hamas und Fatah auf die Bildung einer Einheitsregierung. Dazu kam noch die Ermordung dreier israelischer Jugendlicher und eines palästinensischen Jugendlichen, was den Nahost-Konflikt wieder aufflammen ließ. Die Gewalt zwischen Israel und der Hamas schaukelte sich rasch hoch. Nach massiven Raketenangriffen aus dem Gazastreifen hat Israel seinerseits eine Offensive gestartet, welche zahlreiche Tote und Verletzte forderte. Zahlreiche Friedensverhandlungen führten nur phasenweise zu einem Waffenstillstand. Und die Gewalt geht immer weiter.
Doch die eigentlichen Leidtragenden dieses Krieges sind die Menschen, die den Folgen und der Gewalt schutzlos ausgeliefert sind. Sie leben in einer ständigen Angst, dass der nächste Atemzug womöglich der letzte sein könnte. Diese Kriegstraumatisierungen sind besonders schwerwiegend, denn sie halten über Generationen hinweg an und betreffen ganze Volksgruppen. Die Ängste, Ohnmachtsgefühle, der Hass und die Wut dauern immer weiter an und setzen immer wieder neue Nährboden für Gewaltausbrüche, auch wenn der Frieden schon länger währt.
Solch ein Kriegstrauma hat viele Gesichter. Der Krieg ist ein lebendig gewordener Alptraum der extremsten Art und er kann den Charakter eines Menschen für immer verändern. Und meist ist es die Ungewissheit über die Dauer und den Ausgang des Krieges, welche jede Sicherheit raubt. In allen Fällen bricht die Sicherheit des Lebens zusammen. Der normale Lauf der Dinge wird zerstört und anstelle der Gewohnheit des täglichen Ablaufen tritt die Verunsicherung und die Angst der unvorhersehbaren und katastrophalen Veränderung. Dann ist die Not da. Der Mangel an Nahrung, Kleidung und der Verlust der Wohnstätte und all jener Dinge, die zur Sicherheit dazu gehören, verstärken das Trauma. Daneben werden ganze Familien auseinandergerissen, ohne zu wissen, ob man seine Verwandten oder auch seine Kinder je wieder sieht. Bei der Flucht und der Vertreibung wird oft ein ungewisser Weg beschritten, der mit unter lebensgefährlich sein kann und extreme Strapazen bedeutet, die oft mit einer Unwillkommenheit der Bevölkerung, bei der man Zuflucht sucht, endet. Die Wut, die Angst und die Ohnmacht werden zusätzlich von der Regierungsseite geschürt – diese versucht die Gefühle auf den Feind zu kanalisieren. Das Volk wird über diese Emotionen manipuliert, getäuscht und letztlich betrogen.
Nicht nur, dass der Verlust der Heimat, der Familie und des täglich gewohnten Lebens an den Nerven nagt, kommen die Menschen mit der Gewalt und dem Tod in direkte Berührung. Die Geräusche von Explosionen und zusammenstürzenden Gebäuden, der Anblick von zerfetzten Menschen, die Gerüche, das Ausmaß der Zerstörung. So etwas sollte kein Mensch erleben müssen. Und doch passiert es täglich – immer und immer wieder. Plünderungen, Bedrohungen mit Waffen, Vergewaltigungen, in all dem entläd sich die innere Gewalt. Opfer werden zu Tätern und Täter zu Opfern.
Jetzt gipfelt die Gewalt in der höchsten Form. Die Überlebenen sind danach nicht mehr diejenigen, die sie zuvor waren. Sie fangen an zu trinken oder sind aggressiv und hart geworden. Vielleicht auch vorwurfsvoll, weil sie nicht verstanden werden in ihrem Schmerz, den sie tief in sich tragen. Es ist oft so, als wäre die Seele auf dem Schlachtfeld verlorengegangen, zerfetzt in tausend kleine Stücke und mit dem Wind fortgetragen. Ein Unbekannter kehrt Heim.
Der Verlust von Menschen, von Verwandten, von Kindern und Freunden, trifft viele. Es sind tiefe Lücken in die Familienverbände gerissen worden. Lücken, die unter den Krisenumständen kaum betrauert werden können, so dass der Schmerz tief verdeckt andauert. Andauert über Generationen hinweg, selbst wenn wieder Frieden herrschen sollte.
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