Die Unterscheidung von Introvertierten und Extravertierten ist einer der grundlegendsten Annahmen der Psychologie der Persönlichkeit. Gerade in unserer modernen Lebens- und Arbeitswelt gelten besonders extravertierte Eigenschaften als wünschenswert. Daneben werden die Leisen und Stillen oftmals überhört – sie leisten jedoch einen wichtigen Beitrag und können lernen, ihre Charakterzüge bewusst als Stärken einzusetzen.
Manchen Menschen geht es leicht von der Hand im ICE mit dem Sitznachbar einen Plausch zu beginnen, auf Partys neue Menschen kennenzulernen und auch in anderen Situationen ständig mit ihrer Umgebung zu interagieren. Manche können gut aus sich herausgehen, sind gerne von anderen Menschen umgeben und brauchen etwas Aktion und Abwechslung im Alltag. Und dann gibt es da noch die leisen Menschen, die eher nach innen gekehrt sind und etwas schüchtern wirken. Smalltalk können sie nicht besonders viel abgewinnen, sondern sie bevorzugen tiefgründige Gespräche. Sie können gut alleine sein und tauschen die Party gerne gegen einen gemütlichen Abend zuhause aus.
Dass es eher introvertierte und eher extravertierte Menschen gibt, stellt eine der grundlegendsten Annahmen der Persönlichkeitspsychologie dar. Die Achse Introversion-Extraversion wurde bereits 1921 vom Psychoanalytiker C. G. Jung beschrieben und gilt somit als einer der Charakterzüge des Menschen, die am frühesten in der Theorie diskutiert wurden. Heute ist die Achse Introversion-Extraversion unter anderem Bestandteil der sogenannten "Big Five", der fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit. Dazu gehören neben Extraversion auch Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und Neurotizismus. Es wird angenommen, dass sich durch eine Analyse der Ausprägung dieser 5 Faktoren die Persönlichkeit jedes Menschen beschreiben lässt.
Worin sich Introvertierte und Extravertierte unterscheiden
Viele Menschen tragen sowohl extravertierte als auch introvertierte Züge in sich, die sich je nach Situation in unterschiedlichem Ausmaß manifestieren, aber die meisten tendieren eher in eine Richtung. Obwohl wir je nach Anlass "auf die andere Seite" wechseln können, bleibt diese Tendenz im Laufe des Lebens relativ stabil.
Introvertierte und Extravertierte unterscheiden sich vor allem darin, was für ein Ausmaß an Stimulation sie von außen benötigen, um optimal zu funktionieren. Extravertierte suchen dabei eher nach Abwechslung, Introvertierte nach Ruhe. Das gibt auch Aufschluss darüber, wie sich die beiden Typen erholen: Extravertierte regenerieren besser in Gesellschaft anderer oder bei abwechslungsreichen Aktivitäten Energie, Introvertierte laden ihre Batterien besser in einer ruhigen Umgebung auf, alleine oder allenfalls im Umfeld von vertrauten und nahestehenden Menschen. Darüber hinaus haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass Extravertierte Entscheidungen oft rascher angehen, mit Multitasking gut umgehen können und zudem dazu tendieren, sich risikoreicher zu verhalten. Introvertierte hingehen denken gründlicher über ein Problem nach, können sich länger auf eine Sache konzentrieren und entscheiden gewissenhafter. Letzten Endes handelt es sich dabei aber eher um Verhaltenstendenzen und weniger um eine starre Typologie – beschriebene Eigenheiten treffen vor allem auf jene Menschen zu, die tatsächlich sehr stark extravertiert bzw. introvertiert sind. Die meisten von uns tendieren zwar eindeutig in eine Richtung, können aber auch kurzfristig "umpolen", wenn es die Situation erfordert.
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