Etwa 80% aller gesunden Menschen erleben einmal pro Woche eine somatoforme Symptomatik. Somatoform meint, dass körperliche Beschwerden vorhanden sind, jedoch keine organische Ursache dafür auszumachen ist. Von einer Somatoformen Störung spricht man aber erst, wenn die Schmerzen anhaltend oder wiederholt auftreten und eine seelische Belastungssituation oder Konflikte eine Rolle spielen.
Patienten mit einer diagnostizierten somatoformen Störung haben meist schon einen langen Krankheitsverlauf hinter sich, da ihnen nur schwer klar gemacht werden kann, dass sie an einer psychischen Krankheit und nicht an einer körperlichen leiden. Für Ärzte gehört es zum Alltag, für eine körperliche Beschwerde keine ausreichende organische Ursache zu finden. Dazu gehören beispielsweise Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Brustschmerzen, Hautkrankheiten usw. Für viele dieser Symptome wird ein Rezept verschrieben, dass eine oberflächliche Behandlung der Krankheitsanzeichen verspricht, aber keine Linderung der Ursache.
Es gibt einige Beschwerden, die gehäuft in Form einer somatoformen Störung auftreten. Dazu gehören etwa Bauch-, Glieder- und Kopfschmerzen. Allerdings können auch alle anderen Organe betroffen sein. Die Reaktionen von Betroffenen auf derartige Schmerzen sind vielschichtig. Neben umfangreichen Untersuchungen durch Haus- und Fachärzte kann es durchaus bis zu operativen Eingriffen wie Endoskopien kommen. Ein Psychologe oder Psychiater wird, wenn überhaupt, erst nach monate- bis jahrelanger Behandlung hinzugezogen. Aufgrund der vielen Arztbesuche ist der Begriff der somatoformen Störung historisch gesehen mit den Begriffen Hypochondrie oder Hysterie eng verbunden.
Entstehung einer somatoformen Störung
Es kann bei der somatoformen Störung nicht von einer konkreten Ursache ausgegangen werden. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel vieler Faktoren, die zum Entstehen dieser Krankheit beitragen.
- Modelle der Neurobiologie werden vor allem dahingehend gestützt, dass diese Art der Störung häufig unter Verwandten ersten Grades auftritt, d.h. wenn ein Familienmitglied betroffen ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch betroffen zu sein, bei direkten Verwandten höher. Dies spricht für eine genetische Komponente. Es wird zudem angenommen, dass eine Hyperaktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse bei Patienten mit somatoformen Störungen zu verzeichnen ist. Dadurch kann es besonders in Stresssituationen zu Symptomen einer somatoformen Störung kommen. Konkrete neurobiologische Befunde gibt es im Moment aber nicht.
- Nach dem lerntheoretischen Modell führt ein bestimmter Stimulus, der durch verschiedene Bedingungen verstärkt werden kann, zum Auftreten körperlicher Symptome. Auslöser sind hierbei Stress oder Informationen über eine Krankheit, die zum Beispiel durch die Medien vermittelt wird. Als Verstärker zählen der primäre und der sekundäre Krankheitsgewinn. Unter primär versteht man dabei das innere Gefühl für die körperlichen Symptome, unter sekundär die äußeren Einflusse auf die Symptome, wie eine Krankschreibung oder besondere Zuwendung durch das soziale Umfeld. Auf den Krankheitsverlauf wirkt außerdem die individuelle Krankheitsvorstellung. Diese wird vor allem durch die persönliche Einstellung, die Erziehung bzw. das soziale Lernen und die kulturellen Normen beeinflusst. Es entsteht also ein Kreislauf mit immer wiederkehrenden Verstärkern, die somit auch die körperlichen Symptome bestätigen.
- In der Psychoanalyse wird davon ausgegangen, dass den somatoformen Störungen eine Verdrängung und Übertragung unbewusster Konflikte in körperliche Beschwerden zugrunde liegt. Dabei führen diese Schmerzen meist zu einer Entlastung des eigentlichen seelischen Problems. Auch an dieser Stelle spielt der bei dem lerntheoretischen Modell aufgezeigte primäre und sekundäre Krankheitsgewinn eine wichtige Rolle und kann zu einer vorübergehenden Erleichterung der Schmerzen führen. Zudem treten bei vielen Patienten Schuldängste und Abwehrmechanismen, wie zum Beispiel die Verschiebung des Problems, auf.
- Es wird in einigen Abhandlungen zusätzlich davon ausgegangen, dass verschiedene Persönlichkeitsstrukturen zur Ausprägung somatoformer Symptome beitragen. Vor allem selbstunsichere Personen, Menschen mit herabgesetzten emotionalen Fähigkeiten und Personen in physischer oder psychischer Belastung neigen zu dieser Störung.
Auch die individuelle Entwicklungsgeschichte und die erhöhte Wahrnehmung und Fokussierung auf somatosensorische Reize können bei der Entstehung eine Rolle spielen.
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