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Sexuelle Funktionsstörungen – Wenn der Körper streikt

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Es gibt eine Vielzahl von körperlichen Reaktionen, die während der sexuellen Aktivität ablaufen und sich gegenseitig beeinflussen. Ein solch komplexes System ist demnach auch anfällig für Störungen. Im folgenden Artikel finden Sie einen Überblick über die Störungen, die im Zusammenhang mit unseren sexuellen Körperfunktionen auftreten können und wie diese behandelt werden.

Im Laufe eines sexuellen Akts passiert in unserem Körper sehr viel gleichzeitig. Sämtliche Funktionen, die Erregung verursachen und aufrechthalten, werden aktiviert, andere (gerade nicht gebrauchte) Funktionen werden runtergefahren. Der typische sexuelle Reaktionszyklus lässt sich dabei in fünf Phasen einteilen:

1. Appetenzphase:

Während der Appetenzphase zeigt sich ein erstes sexuelles Verlangen. Fantasien und Tagträume treten auf und die Gedanken drehen sich verstärkt um Sex.

  • 2. Erregungsphase:

In dieser Phase zeigen sich die ersten körperlichen Symptome der Erregung. Der Puls und Blutdruck steigen, bei Frauen bildet sich vermehrt Scheidensekret und die Vagina weitet sich. Männer erlangen eine Erektion und die Hoden schwellen an.

  • 3. Plateauphase:

Die Erregung steigt weiter an. Puls und Atemfrequenz erhöhen sich drastisch und es kann zu vermehrten Hautrötungen kommen.

  • 4. Orgasmus

Der Orgasmus bildet den Höhepunkt der körperlichen Aktivierung. Die Erregung ist zu diesem Zeitpunkt am höchsten, sodass es bei Männern zu Ejakulation und bei Frauen zu dem rhythmischen Zusammenziehen des untern Drittels der Vagina kommt.

  • 5. Entspannung /Rückbildung

Nach dem Orgasmus tritt im Körper wieder Entspannung ein. Die Muskeln werden lockerer und Atmung, Puls und Blutdruck stabilisieren sich. Diese Phase kann übrigens bei Männern tatsächlich ausgeprägter sein.


Funktionsstörungen


Im Verlauf dieser fünf Phasen kann es bei beiden Geschlechtern zu Schwierigkeiten, Verzögerungen oder Ausbleiben bestimmter körperlicher Reaktionen kommen. Störungen mit verminderter Appetenz und Störungen mit sexueller Aversion beziehen sich auf die Appetenzphase. Das Verlangen nach sexuellen Aktivitäten bleibt aus oder wird sogar aktiv abgelehnt und als negativ beurteilt. In der Erregungsphase tritt bei Frauen häufig die Störung der sexuellen Erregung auf, die sich durch das Ausbleiben der typischen Erregungsmerkmale zeigt. Die Vagina der Frau wird beispielsweise nicht feucht, was ein Eindringen schmerzhaft macht. Für Männer ist ein typisches Problem dieser Phase die Erektionsstörung, welche bedeutet, dass ein Erlangen und/oder Aufrechterhalten einer Erektion nicht möglich ist. Ein weiteres Problem des männlichen Geschlechts zeigt sich in der Plateauphase. Eine vorzeitige Ejakulation (zu frühes Erreichen des Höhepunkts) kann den Geschlechtsverkehr enorm beeinträchtigen. Das Nichterreichen des Orgasmus in der folgenden Phase kann bei beiden Geschlechtern auftreten. Auch wenn eine bis zur Orgasmusphase normale Reaktion stattgefunden hat, kann es hier zu Problemen kommen. Zwei Störungen der weiblichen sexuellen Funktionen lassen sich nicht in den Erregungskreis einordnen. Bei einer Dyspareunie erleidet die Frau starke Schmerzen in ihrer Vagina, welche eindeutig mit dem sexuellen Akt zusammenhängen. Beim Vaginismus hingegen kommt es nicht zu Schmerzen sondern zu Muskelzuckungen und nicht kontrollierbaren Verspannungen der Scheidenmuskulatur, die das Eindringen des Penis unmöglich machen.

 

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 Auftreten


Störungen von körperlichen Reaktionen beim Sex sind weitaus häufiger als man denkt. Studien zufolge kann man davon ausgehen, dass etwa 16% der Frauen an vermindertem sexuellen Interesse und 8% an einer Orgasmusschwierigkeit leiden. Zwischen 5% und 20% der Männer haben Probleme mit dem Erlangen einer Erektion und bis zu einem Viertel leiden an einer vorzeitigen Ejakulation.

Ursachen


Obwohl die Symptome der Funktionsstörungen rein körperlich sind, können die Ursachen durchaus auch im mentalen Bereich liegen. Man spricht von prädisponierenden Faktoren (sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Störung auftritt, sie liegen zum Beispiel in der Kindheit oder im Genmaterial), auslösenden Faktoren (sie führen zum „Ausbruch“ der Störung und der Symptome, liegen also zeitlich kurz vor dem Auftreten) und aufrechterhaltenden Faktoren (sie sorgen dafür, dass das Symptom nicht nur einmal sondern dauerhaft auftritt).

Prädisponierende Faktoren:

Frühe starke Sexualängste, Gehemmtheit (z.B. durch religiöse oder kulturelle Regeln und Normen), mangelnde Kommunikation, Aufwachsen mit sexuellen Mythen („Selbstbefriedigung macht blind“)

Auslösende Faktoren:

Das erste Ausbleiben einer sexuellen Reaktion, sexuelle Traumata (z.B. durch Missbrauch, sexuelle Gewalt etc.), intensiver Stress, Streit mit SexualpartnerIn, körperliches Risiko (z.B. Herzkreislauferkrankung mit Warnung vor Überanstrengung)

Aufrechthaltende Faktoren:

Angst vor dem Versagen, gespürte Verunsicherung des Partners/der Partnerin, Vermeidung von sexuellen Tätigkeiten, depressive Gedanken



(Zu Beachten ist hierbei allerdings, dass bei jedem Störungsbild und bei jeder Person ein individuell unterschiedliches Muster der Faktoren und Ursachen vorliegen kann. Nicht jede Ursache führt zwangsläufig bei jeder Person zum Ausbruch der Störung.)


Behandlung


Ein großes Problem bei sexuellen Störungen ist, dass nur wenige Betroffene sich Anderen anvertrauen. Das ist natürlich verständlich. Unsere Sexualität ist ein sehr intimes Thema und anderen Menschen Einblick in das eigene Schlafzimmer zu gewähren, fällt sicherlich jedem schwer. Doch genau das ist ein Fehler. Es gibt vielerlei Möglichkeiten, die oben genannten Störungen erfolgreich zu behandeln. Eine der erfolgreichsten Methoden der Behandlung ist zur Zeit die Paartherapie. Der Besuch eines/r PaartherapeutIn erfordert viel Mut, verspricht aber auch vielfältige Erfolge. Im Laufe einer solchen Therapie wird einerseits Wissen über Sexualität im Allgemeinen, andererseits aber auch individuell abgestimmte Inhalte vermittelt. Oft besteht ein wichtiger Teil der Therapie aus Übungen, die die Partner zusammen zu Hause durchführen, um die gemeinsame Sexualität wieder zu entdecken und sexuelle Funktionen wiederzubeleben. Wenn der dahinterliegende Grund ein (sexuelles) Trauma ist, wäre es sinnvoll, vorerst eine individuelle (Trauma-)Therapie in Erwägung zu ziehen.

Auch wenn Probleme beim Geschlechtsverkehr oft tabuisiert werden, heißt das nicht, dass man sie nicht ansprechen darf. Der/Die eigene PartnerIn sollte ein erster Ansprechpartner sein. Aber auch der Hausarzt, Gynäkologe o.ä. können hilfreiches Expertenwissen liefern und Hilfe vermitteln. In weiteren Artikeln im Portal von Impulsdialog können Sie sich vertiefend über Details der einzelnen Störungen informieren und erhalten Tipps zum Umgang und zur Behandlung sexueller Funktionsstörungen.


Für Interessierte:

Wünsche, Bedürfnisse und Emotionen besser kommunizeren, soziale Kompetenz stärken

 

 

 

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