Teil 1 Ursachen und Behandlung:
Das Wort Prokrastination stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie ‚für morgen‘ oder ‚Vertagung‘. Es beschreibt das bewusste und aktive Aufschieben von unangenehm empfundener, aber notwendiger Arbeit.
Dieser Drang wichtige Sachen immer wieder aufzuschieben, sei es die Steuererklärung oder eine wichtige Abschlussarbeit in der Universität, muss nicht patholgisch, also krankhaft sein. Es kann aber durchaus ein solches Ausmaß annehmen. Grundsätzlich schaffen es betroffene Personen nur mit größter Überwindung Arbeiten anzugehen. Häufig ist der Grund dafür, dass das Ziel nicht immer sofort greifbar ist. Eine Rückzahlung für die Steuererklärung dauert oft Monate, wenn sie überhaupt kommt - wohingehen das Putzen der Wohnung ja einen unmittelbaren Effekt hat. Die Nachteile solcher Handlungen sind den Prokrastinierenden sehr genau bewusst, was es ihnen zusätzlich erschwert anstehende Aufgaben anzugehen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis aus Arbeiten die man scheut, nicht erledigt und dann wieder aufschiebt. Es entstehen Angst- und bei schwerer Betroffenen sogar Depressionsgefühle, dies wiederum führt zum Nicht-erledigen der Aufgabe
Sollten Sie sich fragen ob Sie selbst betroffen sind, stellen sich sich folgende Fragen:
- Schieben Sie wichtige Arbeiten bis zum letzten Moment hinaus?
- Ziehen Sie weniger wichtige Arbeiten vor, erscheinen Ihnen andere Aufgaben attraktiver?
- Ist die Erledigung wichtiger Aufgaben unangenehm für Sie?
- Ihnen gelingt es nicht wichtige Aufgaben trotzdem anzufangen, auch wenn sie angenehm sind?
- Geraten Sie häufig unter Druck bei der Fertigstellung von wichtigen Aufgaben?
- Schaffen Sie die Erledigung wichtiger Dinge erst auf den letzten Drücker?
Im Allgemeinen schätzen die Betroffenen Zeiten, Motivatoren und Gefühle weniger gut ein. Soll heißen, sie denken sie brauchen weniger Zeit um bestimmte Dinge zu erledigen, nehmen die Motivation der Aufgabe nur schwerlich wahr oder können den Zusammenhang zwischen den durch die Prokrastination ausgelösten Emotionen und der Aufgabe nicht erkennen. Man nennt das kognitive Verzerrung.
Beantworten Sie den überwiegenden Teil der Fragen mit JA, kann das folgende Ursachen haben:
Ursachen
Hinter dem Phänomen Prokrastination können viele verschiedene Ursachen stehen, wie zum Beispiel:
- Falsche Prioritätensetzung
- Mangelnde Organisation und Ablenkungsbereitschaft
- Idole und abschreckende Bespiele
- Fehlende Sorgfalt
- Langeweile der Aufgabe
- Perfektionismus und Versagensängste
Als wichtige Indikator wird der Perfektionismus gesehen: Arbeiten können nur dann erledigt werden, wenn dies in äußerster Korrektheit und Vollkommenheit passiert. Allerdings können Dinge nie vollkommen perfekt erledigt werden, was wiederum dazu führt, das der Prokrastinierende eine Aufgabe gar nicht erst anfängt, da er schon vorher weiß, dass er sie nicht zur Zufriedenheit erfüllen kann. Das wiederum resultiert in Versagensängsten der Betroffenen. Begründet sind solche Persönlichkeitsmerkmale häufig in der Kinderheit. Erwarten Eltern immer übermäßig viel von ihren Kindern, kann das dazu führen, dass sich nur geliebt fühlen, wenn man keine Fehler macht.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die mangelnde Organisation und die hohe Ablenkungsbereitschaft. Andere vermeintlich ebenso wichtige Aufgaben werden der zu erfüllenden vorgezogen. Das allgemeine Interesse solcher Personen ist oft vielfältig, wodurch die Fokussierung auf einen Aspekt schwer fällt. Langweilige, zu hohe oder neue Anforderungen und uninteressante Inhalten führen dabei zu einer erhöhten Ablenkbarkeit, da sie innerlich Ablehnung hervorrufen. Die hier beschriebenen Ursachen der Prokrastination sind aber nicht generell zu sehen. Es handelt sich um ein individuell sehr verschieden ausgeprägtes Phänomen, welches daher auch viele verschiedene Ursachen haben kann.
Folgen der Prokrastination
Die Folgen der Prokrastination können vielfältig sein. Beispielsweise können terminliche Schwierigkeiten auftreten. Werden Termine nicht eingehalten, kann es zu verpassten Chancen oder zum schwerwiegenden Vertrauensverlust bei den Mitmenschen kommen. Auch finanzielle Probleme sind nicht selten. Es fallen Mahngebühren an oder im schlimmsten Fall kommt es zur Unfähigkeit den Beruf auszuüben, weil Deadlines nicht mehr eingehalten werden können.
Auch gesundheitliche Nachteile treten nicht selten ein. Scheibt man den Arzttermin immer weiter hinaus, kann das schwerwiegende Folgen haben und zu irreparablen Schäden führen. Auch psychische Folgeschäden sind keine Seltenheit. Meist wird bei Patienten eine Depression diagnostiziert, weil sich die Betroffenen unzufrieden, traurig oder enttäuscht fühlen. Hinzu kann es Realitätsverlust oder sogar soziale Isolation kommen.
Freuen Sie sich schon auf den zweiten Teil unserer Prokrastinationsreihe. Wir werden Ihnen dann hilfreiche Tipps für die Vermeidung von Prokrastinationsverhalten vorschlagen.
Autor: Sylvia Kraus (Impulsdialog)
Quellen:
Höcker, A., Engberding, M. & Rist, F. (2013). Prokrastination. Ein Manual zur Behandlung des pathologischen Aufschiebens. Göttingen: Hogrefe.
Fydrich, T. (2009). Arbeitsstörungen und Prokrastination. In: Psychotherapeut, 54 (5), S. 318-325.
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