Buchautorin Sabine Schaub berichtet von ihren Erfahrungen mit der chronischen Darmerkrankung Morbus Crohn und beschreibt,wie es ihr nach einem langen Leidensweg letztlich gelang, ihre Krankheit als Chance zu nutzen. Informieren Sie sich bei Impulsdialog über zahlreiche alltägliche und psychologische Themen, profitieren Sie von Erfahrungen Anderer oder gehen Sie gezielt Ihre ganz persönlichen Hürden und Probleme an.
Ist es überhaupt möglich, in dem Leid und den Schmerzen,die eine Krankheit mit sich bringt, eine Chance zu sehen? Ich brauchte sehr lange, um es zu verstehen...
Seit 29 Jahren habe ich die chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) Morbus Crohn. Die Hauptsymptome dieser, in Schüben verlaufenden Krankheit, sind Durchfälle (bis zu 30 mal am Tag), Bauchkrämpfe, Gewichtsabnahme, Gelenkschmerzen, Übelkeit, Schwäche, Schwindel und Müdigkeit. Außerdem sozialer Rückzug wegen der Durchfälle, Ängste unterwegs keine Toilette zu finden und zuletzt meist auch noch Depressionen.
Als Morbus Crohn bei mir diagnostiziert wurde, war ich 16 Jahre jung (1986). Ich empfand es nicht schlimm eine chronische Krankheit zu haben. Aber die Untersuchungen (Enddarmspiegelungen, Darmspiegelung und Darmröntgen) waren sehr unangenehm und mit 16 Jahren auf´s Äußerste beschämend. In dem Alter machte ich mir keine Gedanken darüber, was es heißt, mit einer chronischen Krankheit zu leben. Ich wurde mit Kortison behandelt, mir ging´s wieder besser. Damit war´s gut für mich. Ein Glück wusste ich noch nicht was noch auf mich zukommen wird!
Mein Leben lag noch vor mir
Ich hatte Träume, u.a. eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester zu machen. Zu der Zeit der Diagnose lagen zu Hause zwei Einladungen von Unikliniken für Bewerbungsgespräche. Leider habe ich sie nie wahrgenommen. Die Krankenschwester im Krankenhaus und auch meine Eltern rieten mir aus diesen Gründen von diesem Beruf ab: weil der Schichtdienst nichts für jemanden mit Morbus Crohn sei und ich diesen, psychisch schwer belastenden Beruf, nicht schaffen werde.
Mein Traum war geplatzt...! Mir wurde sehr schnell bewusst, das die Krankheit in Zukunft eine Last sein wird, die ich ein Leben lang mit mir herumtragen werde. Nicht nur eine Last, sondern sie konnte sogar meine Träume platzen lassen...!
Wie sollte ich den Morbus Crohn als Chance sehen...?
Ich begann eine Ausbildung zur Arzthelferin in einem medizinischen Labor. Diese Arbeit machte mir auch sehr viel Spaß aber immer wieder erinnerte ich mich an meinen Traum, den Beruf der Kinderkrankenschwester. Während meiner Ausbildung hatte mich der Morbus Crohn fest im Griff. Wiederholte Male lag ich im Krankenhaus. Immer wieder wurde ich mit Kortison behandelt. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich einen super tollen Arbeitgeber, mit ganz viel Verständnis hatte. Das war ein großes Glück für mich. Im letzten halben Ausbildungsjahr war ich fast 3 Monate an einem Stück in der Uniklinik. Die Chancen, das ich diesen Schub überlebte standen nicht gut. Ich wurde wieder einmal hochdosiert mit Kortison behandelt und hatte Glück, es schlug an. Sonst könnte ich diese Zeilen heute nicht schreiben! Hinzu kam eine schwere Magenschleimhautentzündung.
So kam es, das ich mit 20 Jahren (1990) das erste mal in meinem Leben in eine psychosomatische Klinik ging. Für die Psychotherapie war ich einfach zu jung. Ich konnte mich nicht auf die Therapien und Therapeuten einlassen, nahm sie nicht ernst und drückte mich um jede Therapiestunde. Die Bauchschmerzen des Crohns kann keiner messen. Deshalb hatte ich immer eine gute Ausrede nicht an den Therapien teilzunehmen. Ich nutzte die Krankheit für mich. Schön fand ich dort den Zusammenhalt der Patienten und neue Menschen kennenzulernen.
Damals machte es meinem Körper überhaupt nichts aus das Kortison zu verkraften, ich schluckte es wie Smarties. Es hatte nur eine sehr unangenehme Nebenwirkung: das Cushing-Syndrom (Mondgesicht). Mein Gesicht war vollkommen entstellt. Es war für mich immer wiederkehrend eine immens große psychische Belastung. Ich bekam ein neues Medikament, ein Immunsuppressiva (Sandimmun). Es machte mich sehr müde, aber das Mondgesicht verschwand!
Ich fehlte das letzte halbe Jahr meiner Ausbildung fast komplett. Die Gesellenprüfung fand ohne mich statt! Für mich bedeutete dies, dass nächste Schuljahr in eine neue Klasse zu gehen, das erste Halbjahr zu wiederholen, um dann die vorgezogene Prüfung, die für die ganz guten Schüler die nur zweieinhalb Jahre lernten, zu absolvieren! Das alles wollte ich nicht! Ich fürchtete mich vor einer Klasse mit lauter neuen Schülern. Außerdem hatte ich den Stoff vom ersten Halbjahr schon mitbekommen und gelernt. Mir fehlte das komplette zweite Halbjahr!
Wie sollte ich, eine mittelmäßige Schülerin, das schaffen?
Das traute ich mir nicht zu. Für mich war klar, dass ich, kurz vor der Gesellenprüfung, die Lehre abbrechen werde. Als ich es meinen Eltern und meinem damaligen Freund mitteilte, fielen sie aus allen Wolken. Damit hatten sie offensichtlich nicht gerechnet. Sie sprachen lange auf mich ein, bedrängten mich es wenigstens zu versuchen. Sie meinten, wenn ich die Gesellenprüfung nicht bestehen sollte, dann sei es nicht schlimm. Also gut, ich ging in eine neue Klasse. Die Schüler dort waren sehr nett zu mir, ich fand schnell Anschluss und konnte sogar ein bisschen angeben mit meinem Morbus Crohn. Wer hatte schon mit 20 Jahren eine chronische Krankheit? Außerdem bekam ich Mitgefühl von meinen Mitschülern. Das war doch alles gar nicht so schlecht! Ich schaffte die Prüfung, schloss die Ausbildung als Arzthelferin ab. Darauf war ich stolz, aber es war eben nicht mein Traumberuf!
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