Stellen Sie sich vor, Sie würden Menschen aus Ihrem privaten Umfeld mal die Frage stellen, ob sie glauben dass mehr Geld den Menschen tatsächlich glücklicher macht. Welche Antworten würden Sie erwarten? Welche würden Sie selbst geben? Was die meisten Antworten wohl gemein haben werden, ist dass Sie allesamt an der Komplexität der Realität scheitern werden, denn der Teufel steckt wie so oft im Detail - Glück ist anscheinend nicht immer gleich Glück.
Ob Geld den Menschen wirklich glücklicher macht, darauf hat tatsächlich auch die Wissenschaft noch keine rundum zufriedenstellende Antwort parat, oder zumindest keine die sich in ein paar knappen Sätzen zusammenfassen ließe. Dennoch gibt eine Vielzahl neuer und auch älterer Erkenntnisse, die das Puzzle davon, wie sich Glück und Geld wechselseitig beeinflussen, mehr und mehr komplettieren. Im Folgenden Artikel sollen Fragen rund um das Thema Geld beantwortet werden. Mit Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung soll ermittelt werden, ob uns Geld tatsächlich glücklich macht und ob dieser Zustand dauerhaft ist.
Glückliche Länder
Im Jahr 2010 enthüllte Gallup Poll, ein amerikanisches Umfrage- und Datenanalyseunternehmen, dass Dänemark laut weltweiter Umfrage „das glücklichste Land der Welt“ sei, dicht gefolgt von Finnland, Schweden, Norwegen und den Niederlanden. Deutschland belegte Platz 33. Einige der Pro-Kopf reichsten Länder der Welt lagen also an der Spitze, was zunächst dafür zu sprechen scheint, dass mehr Geld bzw. Einkommen tatsächlich glücklicher machen. Marokko dümpelte im Gegensatz hierzu weitab auf Platz 119 von insgesamt 155 befragten Ländern. Zu eben jener Zeit machte gerade ein sehr guter Freund einen längeren Urlaub in Marokko, und als ich das „katastrophale Resultat“ von Marokko bei der weltweiten Umfrage ansprach, entgegnete er mir, dass die Menschen in Marokko überaus kontaktfreudig, einladend, freundlich und von ersichtlicher Lebensfreude und heiterer Stimmung erfüllt sind. „Kein Vergleich mit dem ewig unzufriedenen Perfektionismus der Deutschen und wie man dort im nicht-privaten Kontext meist nicht einmal wie ein richtiger Mensch wahrgenommen, geschweige denn behandelt wird. Man will einfach nichts mit anderen zu tun haben. Wenn man in Deutschland mal jemanden anspricht ist der sofortige Gedankenreflex doch meistens: „Was will der denn jetzt von mir?“ “. Was Gallup Poll 2010 in seinem „Global Wellbeing Index“ in Endeffekt also erfragte, war keineswegs Glück im Sinne der Tagesstimmung von einem Moment zum nächsten, so wie man den Begriff Glück vielleicht am ehesten verstehen würde (und in diesem Sinne werde ich den Begriff „Glück“ in diesem Artikel auch verwenden). Anstatt von Glück wurde also vielmehr eine kognitive Bewertung der Lebensumstände erhoben, also die "Lebenszufriedenheit". Die Lebenszufriedenheit als übergeordnete Kategorie hat jedoch keineswegs große Aussagekraft darüber, wie glücklich sich die Menschen in diesen Ländern tatsächlich während ihres Alltags fühlen.
Psychologen, sowie Gallup Poll, haben dieses Problem ebenfalls erkannt und für die Umfrage im Jahr 2015 wurde bereits weitaus differenzierter nachgefragt, außerdem sind die Ergebnisse nun erstmals in zwei seperaten Listen aufgeführt. Die Liste mit dem Titel „Wie Menschen ihr Leben sehen“ wird von der Schweiz, Dänemark, Finnland und weiteren zum größten Teil westlichen Industrienationen dominiert. Zum Erfragen der Lebenszufriedenheit wurde hierbei die sog. „Cantril-Leiter“ genutzt: Die Teilnehmer sollten sich eine Leiter mit zehn Rängen vorstellen und sich selbst darauf platzieren, wobei 10 ihr bestmögliches Leben und 0 ihr schlimmst-mögliches Leben darstellt.
Die ersten zehn Plätze der „Wie Menschen ihr Leben leben“-Liste sind in einem deutlichen Gegensatz hierzu jedoch gänzlich von lateinamarikanischen Ländern besetzt. Guatemala, eines der Länder mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen, teilt sich hier den zweiten Platz mit Ecuador und Kolumbien. Bei diesem Interview wurden den Teilnhemern folgende Fragen gestellt: „Hast du dich gestern erholt gefühlt?“, „Wurdest du gestern den ganzen Tag mit Respekt behandelt?“, „Hast du gestern viel gelacht?“, „Hast du gestern etwas Interessantes gelernt oder getan?“. „Hast du die folgenden Emotionen im Laufe des gestrigen Tages oft gefühlt“? (Freude, physische Schmerzen, Sorgen, Trautigkeit, Stress, Ärger). Wenn es um „das Glück“ geht, scheint es also so zu sein, dass Menschen in Staaten mit hohem Pro-Kopf-Einkommen ihr Leben kognitiv im Durchschnitt als sehr gut bewerten. Sicherlichlich nicht zuletzt, weil all diese Nationen auch ein gutes soziales Netz, garantierte Menschenrechte, hohe Individualismustoleranz und weitere Annehmlichkeiten zu bieten haben. Länder mit spezifischen Kulturcharakteristiken scheinen hingegen ein hohes Wohlbefinden im Alltag zu genießen. Dies hat durchaus interessante Implikationen. Könnten wir womöglich im Kollektiv unser tägliches Wohlbefinden steigern, wenn wir unsere Kultur, unsere Gesellschaft und die Art, mit der wir miteinander umgehen, schrittweise, bewusst und nach Vorbild anderer Länder umstrukturieren? Ich denke Schweden hat mit der „Du-Reform“, (dem bewussten Abschaffen der förmlichen Anrdede in den 60ern und 70ern) bereits einen solchen Schritt erfolgreich gewagt.
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