Welche Strategien zum Umgang mit Angst sind zu vermeiden?
Zur Angstbekämpfung werden verschiedene Mittel zu Rate gezogen. Diese können innerliche Strategien sein (z.B. Gedankenkreisen) oder auch externe Strategien (z.B. Alkohol) sein. Im Folgenden werden ungünstige Strategien im Umgang mit der Angst gelistet:
• Vor der Angst selbst davon zu laufen, führt nicht zum Erfolg.
Je stärker Sie dies versuchen, umso mehr werden Sie scheitern. Veranschaulichen Sie folgendes Beispiel: Denken Sie nicht an einen rosa gestreiften Elefanten. Woran werden Sie als erstes gedacht haben? An eben jenen rosa gestreiften Elefanten. Genau so läuft es mit der Angst: je mehr Sie sie aktiv zurückdrängen, desto häufiger und intensiver kommt sie zurück.
• Pessimistische Spekulationen bleiben Spekulationen
Sich jeden möglichen schlimmen Ausgang einer Situation auszudenken, bewirkt höchstens eines: Kopfschmerzen. Wenn Sie auf Dinge fokussieren, die noch nicht eingetreten sind, sehen Sie nicht mehr die gegenwärtigen Perspektiven und Möglichkeiten.
• Angst als selbsterfüllende Prophezeiung
Wenn Sie schon einmal nervös vor einem Vortrag oder einem Vorstellungsgespräch waren, dann ist Ihnen das Folgende vielleicht geläufig: Sich selbst beobachten, um bloss nicht unangenehm aufzufallen. Dies ist erst einmal kein schlechter Gedanke, da diese Strategie Reflexion beinhaltet. Doch stützt sich diese Strategie auf die Vermeidung eigener Verhaltensweisen. Das kann dazu führen, dass man sich tatsächlich daneben benimmt, weil man nicht mehr an seine eigentliche Aufgabe (Vortrag, Gespräch etc.) denkt.
• Externe Hilfsmittel zur Angstbekämpfung
Ablenkung wie Filme oder Musik können kurzfristig sehr wirksam sein. Entspannung ist eine positive Folge und kann den Blick auf die Situation klären. Sie einzusetzen ist vollkommen legitim. Langfristig hilfreich wird diese Strategie allerdings nur, wenn sie mit Selbstreflexion kombiniert wird.
• Selbstmedikation als Ausweg?
Rauschmittel, ob legal oder illegal, sind dauerhaft keine geeigneten Mittel, um konsequent mit Angst umzugehen. Um genau zu sein, wird damit Angst nicht bekämpft, sondern nur vermieden. Neben der Erfolglosigkeit dieser Strategie, ist sie auch körperlich und psychisch schädlich.
Es gibt so viele günstige und ungünstige Strategien zum Umgang mit Angst, die im Internet abgerufen werden können. Berechtigterweise stellt sich die Frage, ob wir als Menschen im Vergleich zu unseren Vorfahren ängstlicher geworden sind.
Haben wir mehr Angst als unsere Vorfahren?
Dadurch dass jeder mit seiner Angst weitgehend alleine konfrontiert ist, stellt sich immer wieder die Frage, ob Ängste über die Entwicklung des Menschen zugenommen haben. Um dies zu berücksichtigen, bräuchte man Vergleichswerte, passende wissenschaftliche Arbeiten von vor Jahrzehnten und Jahrhunderten, die es nicht gibt. Was allerdings auffällt, ist, dass sich die Angstreize selbst verändert haben. Durch den zunehmenden wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt, sind Angstfaktoren wie Erkältungen und Obdachlosigkeit weitgehend irrelevant geworden.
Doch ist der Fortschritt nicht flächendeckend: Während heute im globalen Norden fast keiner mehr an Erkältungen stirbt, wächst die Angst vor „neueren“ Krankheiten wie HIV. Wer keine Obdachlosigkeit befürchten muss, fürchtet sich vielleicht vor Arbeitslosigkeit. Wer keinen wütenden Göttern mehr traut, den besorgt ein möglicher Meteoriteneinschlag. Unabhängig davon, wie weit wir kommen wie viele Angstauslöser wir beseitigen – wir erfahren durch den Fortschritt neue Lücken des Unwissens und finden neue Angstauslöser. Dies ist jedoch nur ein natürlicher Prozess, der nicht verhindert werden kann. Dies zu verstehen ist jedoch ein guter Schritt, um auf den Boden der eigenen Möglichkeiten zurückzukehren.
Fazit
Unabhängig vom Zeitalter, in dem wir geboren werden, der Mensch ist ein Wesen, welches immer Angst ausgesetzt sein wird. Ihren Sinn hat sie in der Reflexion und Sicherung unseres (Über)Lebens. Damit stellt die Angst einen optimalen Anstoß dar, über den eigenen Weg, die eigenen Ziele, Einstellungen, Werte etc. nachzudenken, um sich kompetent in einer Situation zu entscheiden. Wenn wir dies beherzigen und aufhören, die Angst als bekämpfenswerten Feind zu betrachten, steigert diese Sichtweise sowohl unser Wohlbefinden als auch unsere Kompetenz zur Selbstbestimmung.
Autor: Miriam Jähne (Impulsdialog)
Quellen:
Retzer, A. (2007). Angst ist ein Mittel zur Selbstbestimmung. Psychologie Heute, 02/07.
Wittchen, H.-U. & Hyer, J. (Hrsg.) (2011). Klinische Psychologie und Psychotherapie. Berlin: Springer
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