Auf einen Blick:
1. Seite: Überblick Borderline-Störung
2. Seite: Was eine Borderline-Partnerschaft ausmacht
3. Seite: Partnerschaft aufrechterhalten oder beenden
4. Seite: Zusammenfassung
Seite 2 - Charakteristiken einer Borderline-Partnerschaft
Eine Partnerschaft eingehen
Egal ob die Borderline Störung auf einem früheren Verlusterlebnis basiert oder nicht, ein bezeichnendes Merkmal von Betroffenen ist das schnelle Eingehen von Partnerschaften. Die Angst vor dem Allein-Sein treibt die Personen dazu, sich möglichst schnell und sofort in eine feste Beziehung zu begeben und Zeiten als Single komplett zu umgehen. Die Beziehung wird dann meist sehr schnell auffällig eng und emotional tief. Der/die BorderlinerIn begibt sich komplett in die Hände des/der neuen PartnerIn und investiert ungewöhnlich früh sehr viel in die Beziehung. Der/die PartnerIn wird überhöht und als unfehlbar wahrgenommen.
Charakteristiken der Partnerschaft
Nach der ersten sehr intensiven "Honeymoon Phase" kann es passieren, dass schon eine kleine Unaufmerksamkeit, eine Verspätung oder das Abschlagen eines Wunsches fatale Wirkungen bei dem von Borderline betroffenen Partner auslöst. Er/Sie reagiert mit extremen Emotionen und verletzenden Aussagen. Die Idealisierung schlägt um in tiefe Abneigung und Wut. Trotzdem wird das Beenden der Beziehung meist mit allen Mitteln versucht zu umgehen. Dabei kann es durchaus zum Verschweigen, Lügen und Manipulieren kommen. Aufgrund der störungsbedingten hohen Angst vor Ablehnung bedeutet das Ende der Partnerschaft für Borderliner ein Erlebnis, das es unbedingt zu vermeiden gilt. Für den Partner kann dies als "Klammerverhalten" wahrgenommen werden.
Natürlich ist es nicht möglich alle Betroffenen mit wenigen Worten zu beschreiben. Die Störung verläuft bei allen Menschen unterschiedlich und zeigt sich durch verschiedene Symptome. Trotzdem gibt es ein paar wenige Verhaltensmuster innerhalb von Beziehungen, die typisch für Menschen mit Borderline zu sein scheinen. Besonders der schnelle Wechsel zwischen extremen Gefühlen sorgt in vielen Beziehungen für Konflikte. Liebe und Hass werden mit einer höheren Intensität wahrgenommen und wechseln sich schneller gegenseitig ab. Hinzu kommt, dass viele Borderliner nur unzureichend gelernt haben Kompromisse einzugehen. Die Welt und damit auch die Beziehung und der/die PartnerIn wird nur als "schwarz" oder "weiß", "gut" oder "böse", "wunderbar" oder "abscheulich" wahrgenommen. Zwischenstufen oder Übergänge werden nicht erkannt und somit fällt das Einigen auf einen Kompromiss oder eine Lösung, mit der beide Partner leben können, deutlich schwerer.
Einige Borderline PatientInnen kämpfen zusätzlich mit selbstverletzendem Verhalten. Bei den meisten Personen bezieht sich dieses Verhalten auf das Aufritzen der Unterarme und tritt vor allem dann auf, wenn die Personen emotional sehr angespannt sind, Druck verspüren und die Auflösung dieser Spannung nur in den Selbstverletzungen finden können. In Beziehungen kann es dazu kommen, dass ein solches Verhalten als Drohmittel dem/der PartnerIn gegenüber eingesetzt wird, um eigene Interessen durchzusetzen. Wenn der/die PartnerIn beispielsweise über eine Trennung nachdenkt und dies kommuniziert, wird das Androhen von Selbstverletzung bis hin zu Selbstmord als Druckmittel verwendet, um eine Trennung abzuwenden. Eine kanadische Studie hat das Stresslevel von Paaren untersucht, in denen die Parnterin von Borderline betroffen ist. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass 49% der untersuchten Frauen und 40% der männlichen Partner ein klinisch relevantes Stressniveau zeigen, welches unter anderem auf zahlreiche Beziehungsfaktoren zurückgeführt werden kann, wie ein geringeres Niveau von wechselseitiger Kommunikation und dem verstärkten Erleben und Ausüben von Gewalt.
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Auslöser der Krise war das Ende einer Beziehung zu einer Frau, von der Sie überzeugt waren, sie sei die Frau ihres Lebens. Die Beziehung war geprägt durch destruktive Muster, die Irritationen und Schuldgefühle hervorriefen. Für mich war sichtbar, dass Sie sich verstrickten und es Ihnen nicht gelang, Ihrem Impuls nachzugeben, gehen zu müssen. In einem Chaos von Kälte, Irritationen und Manipulationen verirrten Sie sich, jeder Selbstschutz wurde unterdrückt. Obwohl die Beziehung nur wenige Wochen dauerte, blieben Sie verstört und depressiv zurück.“
Und in meinem Roman "Sandbergs Liebe" beschreibe ich genau diese Manipulation: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2019-02/sandbergs-liebe-roman-jan-drees-rezension
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