Auf einen Blick:
1. Seite: Überblick Anankastische (auch zwanghafte) Persönlichkeitsstörung
2. Seite: Häufigkeit und Therapie
3. Seite: Psychoanalyse und Kognitive Verhaltenstherapie
4. Seite: Zusammenfassung
Seite 3 - Psychoanalyse und Kognitive Verhaltenstherapie
Psychoanalyse
Als die geeignete Behandlung einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung wird von den einsichtsorientierten Verfahren vor allem die „klassische“ Psychoanalyse betrachtet (Salzman, 1989). Psychoanalytische Autoren empfehlen in der Regel eine langfristige Therapie, da die Betroffenen von Kurzzeittherapien selten hinreichend profitieren (McCullough & Maltsberger, 1995). Gruppentherapien werden meist als ungünstig oder schwierig angesehen (Bohus et al., 2004). Die psychoanalytische Therapie von Betroffenen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung wird zwar gelegentlich als schwierig beschrieben, aber angesichts der zumeist hohen Bereitschaft der Betroffenen, die Therapie erfolgreich abschließen zu wollen, kann von geringen Therapieabbrüchen ausgegangen werden. Des weiteren zeigen Studien auch von teils erheblichen Besserungen, die sich im Verlauf einer Langzeittherapie einstellen können (Stone in Liebowitz et al., 1986).
Als hilfreiche Voraussetzungen im Rahmen einer Behandlung sollten folgende Punkte Beachtung finden:
Es sollte klare Absprachen über die Regelmäßigkeit der Therapiesitzungen geben, sowie die übliche Bereitschaftserklärung des Betroffenen, über das innere Erleben, Gefühle und Gedanken frei zu sprechen. Gerade dieses dürfte aber zwanghaften Betroffenen zunächst besonders schwer fallen. Der Therapeut sollte dem wertschätzend und mit einer gewissen Flexibilisierung der eigenen Arbeitsweise entgegenkommen. Die Betroffenen bevorzugen meist eine klar strukturierte und gegenwartsbezogene Therapiearbeit (Juni & Semel, 1982). Über eine klar strukturierte Hinführung auf die Relevanz von aktuellen Themen und Problemen kann somit eingelenkt werden, falls der Betroffene sich häufig in langatmige Detailanalysen vergangener Erlebnisse und Erfahrungen verlieren zu droht (Freeman& Gunderson, 1989).
Kognitive Verhaltenstherapie
Laut Beck und Mitarbeitern (1990) kommt die kognitive Therapie der zwanghaften Struktur der Betroffenen entgegen, da von Therapiebeginn an eine klare Problemlösestruktur zugrunde liegt. Die einzelnen Sitzungen sollten gut durchstrukturiert sein und von der Möglichkeit zu Hausaufgaben sollte ausgiebig Gebrauch gemacht werden. Mit dieser „Struktur“ könne sich der Betroffene identifizieren und bringe ihn zugleich in die Lage, spezifische Probleme auszuwählen und an diesen konsequent zu arbeiten. Als wichtige Ziele in der kognitiven Verhaltenstherapie sind anzusehen, den Perfektionismus, das Schwarz-Weiß-Denken sowie die Unentschlossenheit und Zögerlichkeit der Betroffenen zu hinterfragen und allmählich zu verändern. Starre Gedanken und Verhaltensweisen beim Umgang mit Problemen sollten durch flexiblere, zielführendere Gedanken und Verhaltensweisen ersetzt werden. Dies geschiet über Verhaltensanalysen und Modelle. Außerdem wird daran gearbeitet, dass die Betroffenen ihre Gefühle besser wahrnehmen und ihr Handeln stärker an ihren Gefühle auszurichten können.
Weitere wichtige Aspekte der Psychotherapie
Insgesamt sollte betrachtet werden, dass es in der Behandlung zwanghafter Persönlichkeitsstörungen nur sehr begrenzt darum gehen sollte, den zwanghaften Stil der Betroffenen grundlegen zu verändern. Gerade die Aspekte von der ausgeprägten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit haben in unserer heutigen Leistungsgesellschaft durchaus auch große Vorteile. Sie stellen dahingehend in besonderem Maße adaptive Lebensstile dar. Der Beachtung von kontextuellen Rahmenbedingungen sollte deshalb hier eine besondere Funktion zukommen. Durch die genaue Analyse der Lebens- und Arbeitsbedingungen sind vielleicht bereits schon entscheidende Weichenstellungen in Richtung Veränderung möglich. Dabei kann eine Motivation zur grundlegenden Veränderung von Lebensgewohnheiten gelegentlich dadurch geschaffen werden, dass die Betroffenen erkennen lernen, welche Lebensbereiche sie bisher sehr vernachlässigt haben. Auf diese könnten die Betroffenen neugierig gemacht werden, um so neue Erfahrungen zu machen. Hierbei könnte die Lebensfreude, der Spaß am Leben und auch die Bereitschaft gewisse Risiken einzugehen im Fokus stehen.
Ein weiterer wichtiger Ansatz in der Therapie ist das psychosoziale Konfliktmanagement. Zusammen mit dem Betroffenen wird festgelegt, welche prototypischen Interaktionskonflikte oder Konfliktepisoden im Privatleben oder im Beruf bestehen. Die Beziehungsgestaltung zu den Mitmenschen wird nach und nach in den Mittelpunkt der Behandlung gerückt. Auch hier zielt das Konfliktmanagement nicht unmittelbar auf eine Veränderung der Persönlichkeitsstörung ab, sondern auf eine Verbesserung der sozialen Kompetenz. Der Umgang mit interaktionellen Konflikten und das Erlernen von alternativen Bewältigungsstrategien (Coping) ist wichtig. In der Folge dieser Veränderungen wird erwartet, dass sich mit den neuen Interaktionsmustern möglicherweise auch die Persönlichkeitseigenarten der Betroffenen ändern.
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